Vorsorge bei Kontakt mit biologischen
Flüssigkeiten : Hindernisse für die
Befolgung
Sophie Farine, Patrick Francioli, Frédéric
Zysset
Médecine du personnel, Division autonome de
Médecine préventive Hospitalière
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV), Lausanne,
Suisse
Einleitung: Die beruflichen Kontakte mit
biologischen Flüssigkeiten beinhalten die
Gefährdung der Übertragung eines infektiösen
Agens, hauptsächlich Hepatitis-Viren und HIV. In der
Schweiz sind es 6 Fälle von HCV-Übertragung
zwischen 1997 und 2001 und
3 Fälle von HIV im Laufe der letzten 10 Jahre.
Obwohl das Kontaminationsrisiko relativ klein ist, bleibt
jede Verletzung für den Betroffenen eine Besorgnis und
führt zu vielfach komplexen und kostenträchtigen
Schritten, um das Infektionsrisiko zu reduzieren.
Anderseits, verpflichtet das Gesetz den Arbeitgeber alle
nötigen Vorkehrungen zur Verhütung von
Unfällen und Berufskrankheiten zu treffen. Der CHUV hat
seit langem Schutzmassnahmen und Massnahmen bei Exposition
zu biologischen Flüssigkeiten implementiert und hat
für die Mitarbeiter regelmässig Empfehlungen
erlassen. Da die Analyse der Unfälle ergeben hat, dass
beinahe die Hälfte der Expositionszwischenfälle
durch die Anwendung der zur Verfügung stehenden
Verhütungsmittel hätten verhindert werden
können, hat man eine Verbesserung der
Präventionsstrategie zur Verminderung der
Expositionsfälle (primäre Prävention), und
eine Verbesserung der Betreuung dieser Fälle,
namentlich durch Aufmunterung zur Meldung der
Zwischenfälle, in Angriff genommen.
Methoden: Um die festgesetzten Ziele zu erreichen,
wurde eine halbe Krankenpflegestelle geschaffen. Man
entschied sich für ein systematisches Verfahren in den
Pflegeabteilungen in 6 Hauptschritten : 1) Vorbereitung der
Kampagne, Überarbeitung der Methodik und Planung, 2)
Kontaktaufnahme mit der betreffenden Abteilung, 3) Analyse
der in dieser Abteilung vorgekommenen Ereignisse, 4)
Check-list-orientierte Analyse der Anwendung der
Präventivmassnahmen und Identifizierung
allfälliger Probleme bei Anwendung derselben, 5)
Vorstellung und Diskussion der Resultate mit allen
Mitarbeitern, 6) Plakatkampagne und Beobachtung während
6 Monate.
Resultate und Diskussion: Die Analyse der
gemeldeten Zwischenfälle von Januar 2002 bis Juni 2004
hat ergeben, dass 427 von 1063 Expositionen durch einfache
Massnahmen wie Verwendung der zur Hand stehenden
Entsorgungsbehältern, Verwendung einer Zange zur
Entsorgung der Butterfly und das strikte Weglassen von
Recapping, hätten vermieden werden können.
Die in den Abteilungen gemachten Beobachtungen betreffend
der Anwendung der Präventivmassnahmen erlaubten die
Expositionszwischenfälle in fünf Hauptkategorien
zu klassieren und folgenden Ursachen zuzuschreiben:
1) Dem Verhalten, d.h. infolge des Nichtrespektierens der
elementaren Schutzmassnahmen.
2) Dem gebrauchten Material: zu enge Öffnung an den
Entsorgungsbehältern, Fehlen einer angemessenen
Ablagefläche, Fehlen einer Zange in
Behälternähe, nicht passende Kanülen, Fehlen
von verfügbaren gesicherten Hilfsmittel usw...
3) Ungenügenden Weisungen oder Schulung, zu wenig
sicherheitsorientiert".
4) Gewissen Arbeitsgewohnheiten: Blutentnahmen um
fünf Uhr morgens, so dass das Pflegepersonal den
Rollboy nicht mitnimmt um die anderen Patienten nicht zu
wecken.
5) Einem Informations-/Schulungsmangel: Unkenntnis der
existierenden Schutzmassnahmen, der Risiken von
blutübertragbaren Infektionen, der
Entsorgungsmodalitäten usw. Der hohe Personalwechsel
und die Arbeitsüberlastung sind hier nachteilige
Faktoren.
Die Resultate wurden dem Personal der betroffenen
Abteilungen mitgeteilt und besprochen und es wurden, gezielt
auf die identifizierten Probleme, Massnahmen getroffen,
gefolgt von einer Plakatkampagne über die
Präventivmassnahmen. Die Analyse der Anzahl der
Expositionen gegenüber biologischen Flüssigkeiten
vor und nach dieser Aktion in den Abteilungen zeigte eine
beinahe Halbierung der Anzahl der Zwischenfälle. Die
Schutzmassnahmen werden öfter angewendet. Ein solches
Verfahren ist also wirkungsvoll und führt zu einer
Verbesserung und Anpassung der Präventivmassnahmen,
indem es erlaubt, die Ursachen einer diesbezüglichen
mangelnden Compliance zu identifizieren.
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