Schweizerische Tagung der
personalärztlichen Dienste
im Gesundheitsdienst

Die Hand an der Arbeit
Lausanne - CHUV
18-19 november 2004

Wissenschaftliche Tagung der
Schweizerischen Gesellschaft
für Arbeitsmedizin

Latex Allergie - Stand im 2004

Dr Cédric A. Deruaz, Service d'Immunologie et d'Allergie,
Centre Hospitalier Universitaire Vaudois, Lausanne

Primäre und sekundäre Vorsichtsmassnahmen oder Ist der Höhepunkt der Epidemie überschritten?
Obwohl Latex vermutlich bereits um 1600 v.Chr. verwendet wurde, sind die ersten allergischen Reaktionen auf diesen Stoff erst 1930 bekannt geworden; in den achtziger Jahren folgte schliesslich eine regelrechte Epidemie.1-3

Der explosionsartige Anstieg von Allergiefällen beruhte auf einer deutlichen Zunahme der Latex-Verwendung vor allem in der Gummihandschuhproduktion &endash; dies aufgrund der vom CDC 1987 erlassenen Vorsichtsmassnahmen zur Reduktion der Übertragungsrisiken von HBV, HCV und HIV. Des Weiteren steht der Anstieg in Zusammenhang mit dem Gehalt von allergenen Proteinen im Latex der Handschuhe bzw. des Puders und schliesslich auch mit anderen steigenden Risikofaktoren (Atopie, Multiple Chirurgie (vor allem spina bifida), Hand-Dermatitis, Allergien gegen gewisse exotische Früchte). Aufgrund der Tragweite dieser Probleme und dank den Studien, welche Möglichkeiten zur Verringerung der Sensibilisierung bzw. Reaktion aufzeigten, wurden 1997 Empfehlungen zu sekundären Präventionsmassnahmen (Verzicht von Latex bei Allergikern) sowie primären Präventionsmassnahmen (Verringerung der Proteinmenge in den Handschuhen und Verwendung von puderlosen Handschuhen bzw. nach Möglichkeit Verwendung von Ersatz-Materialien bei der Handschuhherstellung) erlassen.2 Folge dieser Massnahmen &endash; so zeigen gross angelegte Studien &endash; ist, dass der Epidemiehöhepunkt überschritten zu sein scheint.4

Wenn auch ein vollständiger Verzicht auf Latex nicht nötig erscheint, so darf nicht ausser Acht gelassen werden, dass das Risiko einer Anaphylaxie bestehen bleibt, und dass latexempfindliche/-sensible Personen auf eine latexfreie Umgebung angewiesen sind. Schliesslich soll auch erwähnt werden, dass es ausserhalb des Pflegeberufes Berufsgattungen gibt, welche auf das Latex-Problem weniger „sensibilisiert" sind, jedoch dem (medizinische) Risiko einer Latex-Sensibilisierung genauso ausgesetzt sind: So zum Beispiel in der Bauwirtschaft, in der Nahrungsmittelindustrie, der Haarpflege und in der Reinigung tätige Berufsgruppen.

Die „Protein Kontakt Dermatitis", Modell und Realität oder Jenseits der Hypersensibilitätstypen
Während die Reaktionen des Typs I (Nesselausschlag durch Kontakt, Rhino-Konjunktivitis, Asthma und Anaphylaxie) durch Proteine ausgelöst werden, wird in der klassischen Literatur der Typ IV (Ekzeme durch Kontaktallergie) mit Haptenen in Verbindung gebracht, Molekülen mit kleinem Molekulargewicht, die zwar selbst nicht immunogen sind, es jedoch dadurch werden, dass sie Bindungen mit Proteinen eingehen. Als Haptene von Latex sind Herstellungszusätze wie Vulkanisierungsbeschleuniger und Antioxidanzien bekannt (Thiuramine, Karbamate und Merkaptothazole). Reaktionen vom Typ „Protein Kontakt Dermatitis" mit Latex konnten nachgewiesen werden und ein Murin-Modell führte zu einem Verständnis der Entwicklungsschritte der Latex-Sensibilisierung (Hautverletzungen als Risikofaktor für die Sensibilisierung, Sensibilisierungstypen in Abhängigkeit davon, wie Proteine in die Haut eindringen, ...)5

Latex-Frucht-Syndrom oder Von der Hand in den Mund
Seit der ersten Beschreibung einer alaphylaktischen Reaktion eines latexallergischen Patienten auf Banane im Jahre 1991, wurde eine stetig wachsende Zahl von Verknüpfungen zwischen Latexallergie und Allergien auf verschiedene Nahrungsmittel dokumentiert. Die Epitope, welche für die Kreuzreaktion zwischen Latex und gewissen Nahrungsmitteln (Banane, Avocado, Kastanie, Kiwi, Papaya, Mango, Passionsfrucht, Tomate, Kartoffel, Cayenne-Pfeffer, Ananas, Sellerie, Feige, Pfirsich, Melone, Kokosnuss etc.) verantwortlich sind, werden immer bekannter. Der Schweregrad der potentiellen Reaktionen fordert die besondere Aufmerksamkeit der Allergologie.6

Literaturvorschlag:
1. Latex allergy and skin. Reunala. Curr Opin All Clin Immunol 2004, PubMed Index (PMID) 15349039: le point en septembre 2004.
2. A review of natural-rubber latex allergy in health care workers. Ranta. Healthcare Epidemio 2004, PMID 14699458 : le tour de la question en 2004 en 5 pages.
3. Natural rubber latex sensitivity. Conference. J All Clin Imm 2002: 110 (2): S1-S140, PMID 12170236 : tout le tour en 140 pages…
4. Decreasing incidence of occupational contact urticaria caused by natural rubber latex… Allmers. J All Clin Imm 2004, PMID 15316514 : résultat national d'une recommandation.
5. Epicutaneous natural rubber latex sensitization induces TH2-type dermatitis and strong prohevein-specific IgE response. Lehto. J Investig Dermatol 2003, PMID 12648228 : modèle animal de la PCD.
6. Latex: de l'allergie professionnelle au syndrome latex-fruit. Deruaz. Méd et Hyg 2004 : 62; 421-5.